Unternehmensführung und -steuerung
Chancen & Risiken unternehmerischer Selbstständigkeit! Teil 2
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Risiken unternehmerischer Selbstständigkeit unterscheiden. Erstens persönliche Risiken, die den Unternehmer als Person selbst betreffen (z.B. Krankheit, Unfall usw.) und zweitens betriebliche Risiken die der laufende Geschäftsbetrieb mit sich bringen kann (z.B. Haftungsansprüche, Elementarschäden, Diebstahl etc.).
Auch wenn nicht alle Risiken jeden Unternehmer bzw. jedes Unternehmen in gleichem Maße betreffen, lohnt es sich (nicht nur für die Prüfungen zum Handelsfachwirt), die bedeutendsten Risiken zu kennen. Einige dieser Risiken, die auch für das Scheitern vieler Existenzgründungen verantwortlich sind, lassen sich durch die richtigen Versicherungen reduzieren. Da diesen Themen schon öfter in den Prüfungen zum Handelsfachwirt der IHK behandelt wurden möchte ich in diesem Artikel die für euch relevanten Fragen klären.
Welchen betrieblichen und persönlichen Risiken sollten sich Unternehmer bewusst sein?
Betriebliche Risiken
Abhängigkeit von großen Auftraggeber
Die Abhängigkeit von großen Auftraggebern versetzt diese in eine Position in der sie Preise und damit den eigenen Umsatz drücken können. Zudem kann beispielsweise auch die plötzliche Pleite eines Großkunden die Umsätze innerhalb kürzester Zeit einbrechen lassen.
Ungewisse Entwicklung der Nachfragesituation
Der Markt ist vom dynamischen Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage geprägt. Die Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung ist dementsprechend unsicher.
Beispiel: Ein gutes Beispiel ist der deutsche Automobilmarkt der Jahre 2008 bis 2011. Während die Nachfrage nach Autos durch die Abwrackprämie des Staates infolge des krisenbedingten Nachfrageeinbruchs künstlich erhöht wurde, ging diese in den Folgejahren unter das Ausgangsniveau zurück. Der Grund ist einfach: Der Markt war gesättigt, sodass in den Folgejahren kein großer Bedarf an Neuwagen bestehen konnte.
Wandel des Verhaltens und der Wünsche von Kunden
Du als Konsument weißt selbst, wie schnell sich dein Verhalten an die Entwicklungen (Trends) am Markt anpasst. Diese Kraft ist so groß, dass ganze Märkte und Unternehmen kippen können.
Beispiel: Stellen wir einmal eine klassische Videothek dem Streamingdienst von Amazon (ehemals Lovefilm) gegenüber. Vor nicht einmal zehn Jahren hat man sich Filme ausschließlich auf DVDs angesehen. So konnten Videotheken und Filmversender wie Amazons Lovefilm parallel im Leihgeschäft existieren. Kaum zehn Jahre später hat die technische Entwicklung dazu geführt, dass Filme mit drei Klicks direkt auf den Fernseher gestreamt werden können.
In der Folge hat sich natürlich das Kundenverhalten dem Wunsch zur Bequemlichkeit angenähert. Während Amazons Tochterunternehmen mittlerweile den Versand von physischen Leih-DVDs eingestellt hat und gänzlich auf Streaming umgestiegen ist, haben Videotheken mit einbrechenden Umsätzen zu kämpfen. Und warum? Weil die Kunden ihr Nachfrageverhalten entsprechend ihren Wünschen geändert haben
Ausbleiben oder Verzug von Forderungen
Gerade für junge Unternehmen ist der Zahlungsverzug oder gar der Zahlungsausfall ein großes Risiko. Problematisch ist dies, da die Rücklagen in der Regel noch nicht groß genug sind, um längerfristige Engpässe zu schließen. Schließlich warten neben den Fixkosten auch Lieferanten, die für ihre Güter bezahlt werden möchten. Oft hilft in dieser Situation nur der Gang zur Bank.
Schäden am Betriebsvermögen
Maschinen, Gebäude oder die Fahrzeuge aus dem Fuhrpark können auf vielen Wegen beschädigt werden. Damit ist oft nicht nur eine Wertminderung verbunden, sondern teilweise auch eine Unterbrechung des Geschäftsbetriebs die mit Umsatzeinbußen einhergeht. Ursächlich sind neben normalen Verschleißschäden nicht selten Vandalismus oder Elementarschäden durch Stürme, Hochwasser, Feuer und Blitzschläge.
Veränderte Wettbewerbsbedingungen
Dieses Phänomen ist oft eine direkte Folge eines veränderten Nachfrageverhaltens zum Beispiel durch elektronische Märkte und das Auftreten disruptiver Technologien*. Zudem führen auch Kooperationen zwischen ehemaligen Konkurrenten und auch die zunehmende Konzentration von Unternehmen zu veränderten Wettbewerbsbedingungen.
*Disruptive Technologie beschreibt eine Innovation, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt.
Nicht mehr finanzierbarer technischer Fortschritt
Insbesondere im Technologiesektor sind die Kosten für Betriebsanlagen hoch. Ebenso hoch ist dort allerdings auch die Innovationskraft, sodass regelmäßig neue Anlagen benötigt werden, um mit der Konkurrenz Schritt zu halten. Reichen die Überschüsse nicht für diese Investitionen aus, ist der Fortbestand der Unternehmung in Gefahr.
Veränderungen geschäftlicher Rahmenbedingungen
Geschäftliche Rahmenbedingungen ändern sich besonders häufig durch staatliche Eingriffe.
Beispiel: Als die Bundesregierung im Jahr 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie beschloss, entzog sie damit Energiekonzernen wie E.ON, RWE und Vattenfall einen großen Teil ihrer Geschäftsgrundlage. Dabei hatte man erst im Herbst 2010 eine Laufzeitverlängerung vereinbart.
Ein weiteres Beispiel ist die Erweiterung der Produkthaftung oder die Auferlegung von Garantiebedingungen durch den Staat. Letztere zwingt Gebrauchtwagenhändler im Übrigen seit einigen Jahren dazu, auf jedes noch so heruntergekommene Auto ein Jahr Garantie zu gewähren. Dieses zusätzliche Risiko wird selbstverständlich eingepreist und verändert die Preise sowie die Verfügbarkeit von Gebrauchtwagen am Markt.
Persönliche Risiken
Gesundheitsrisiken
Während sich ein Arbeitnehmer einfach krankmelden kann und sein Gehalt für bis zu sechs Wochen abzugsfrei überwiesen bekommt, ist dies beim Unternehmer nicht der Fall. Je länger die Arbeitsunfähigkeit andauert, desto problematischer ist dies für den Unternehmer. In der Regel fällt mit dem Unternehmer nämlich der Kopf des Unternehmens aus, was sich auf die Umsätze auswirken kann.
Haftungsrisiken
Insbesondere bei Personenunternehmen stellt die persönliche Haftbarkeit des Unternehmers für diverse Ereignisse ein hohes Risiko dar. Dies betrifft beispielsweise Umweltschäden und Sach-, Vermögens- sowie Personenschäden, die Dritten im Rahmen der Unternehmenstätigkeit zugefügt worden sind.
Verlust sozialer Kontakte
Wer ein Unternehmen hochzieht und dabei idealerweise noch das Hobby zum Beruf macht, arbeitet viel. Oft sogar so viel, dass die Zeit für die Pflege von Freundschaften oder das soziale Miteinander im Sportverein fehlt. Mit der Zeit werden diese Bindungen immer schwächer, bis sie schließlich abreißen.
Risiko fehlender Altersvorsorge
Gerade für Selbstständige ist die Altersvorsorge ein großes Thema, denn meist sind diese nicht zur Zahlung in die Rentenkasse verpflichtet. Bei Arbeitnehmern geschieht dies hingegen automatisch. Wer sich also nicht freiwillig zur Einzahlung in die Rentenkasse selbstverpflichtet oder anderweitig privat vorsorgt, steht im Alter schlecht da. Da finanzielles Kapital gerade in den ersten Jahren des Unternehmertums knapp ist und dieses vorrangig investiert wird, tappen viele Neuunternehmer in diese Falle.
Welche Risiken lassen sich mit welchen Versicherungen reduzieren?
Versicherungen sind leider nicht dazu in der Lage, das unternehmerische Risiko zu beseitigen. Allerdings ist es mit Hilfe von Versicherungen möglich, die privaten und betrieblichen Risiken zu senken. Im Folgenden mal einen Überblick welches Risiko sich mit welcher Versicherung reduzieren lässt.
Risiko von Zahlungsausfällen
Eine Forderungsausfallversicherung dient zur Absicherung uneinbringlicher Forderungen.
Risiko außerplanmäßiger Betriebsunterbrechung
Eine Betriebsunterbrechungsversicherung übernimmt die laufenden Kosten inkl. der Zahlung von Löhnen/Gehältern bei vorübergehender Schließung oder Stillstand des Betriebes durch unvorhersehbare Ereignisse wie z.B. Feuer, Wasser, Sturm, Einbruch, EDV-Ausfall etc.
Risiko der Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit / Unfall
Eine Unfallversicherung sichert ganz oder teilweise die Folgen eines Unfalls ab. Je nach Umfang z.B. medizinische Versorgung, Operationen, Bergungskosten, Kurkosten etc.
Eine Krankenversicherung sichert ganz oder teilweise die Folgen einer Krankheit ab (stationäre / ambulante Behandlungs- und Pflegekosten inkl. Medikamenten sowie Präventivmaßnahmen). Sie ist für alle Einwohner Deutschlands eine gesetzliche Pflichtversicherung. Selbstständige können sich gesetzlich oder privat krankenversichern. Der Abschluss einer privaten Versicherung sollte allerdings gut überlegt sein, da ein Wechsel in die gesetzliche Versicherung während der Selbstständigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung garantiert ein zuvor festgelegtes monatliches Einkommen beim Eintritt der Berufsunfähigkeit.
Risiko der Haftung für unvorhersehbare Ereignisse
Die Berufshaftpflicht bzw. Betriebshaftpflichtversicherung greift bei Schäden, die Dritten durch den persönlich haftenden Unternehmer bzw. das Unternehmen und seine Mitarbeiter entstehen. Die Betriebshaftpflichtversicherung kann auch mit einer Umwelthaftpflichtversicherung zur Absicherung von Folgeschäden durch Umwelteinwirkungen Dritter kombiniert werden.
Risiko der Altersarmut durch fehlende Vorsorge
Selbstständige Unternehmer haben die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis weiter in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, eine private Rentenversicherung abzuschließen oder gänzlich privat vorzusorgen.
Welche Ursachen kann es für das Scheitern von Existenzgründungen geben?
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